DÖBLINGER FASCHINGSGILDE

Marlies Neubauer – Döblinger Faschingsgilde

7.3.1943 – 15.2.2017

Immer wieder blinzelte die Sonne durch die Wolkendecke, als wir uns am 24. Februar in Eibenstein im Waldviertel, Marlieses zweiter Heimat, für immer von ihr verabschiedet haben. Und ein paar Sonnenstrahlen versuchte auch der Präsident in seine sehr persönlichen Abschiedsworte mit zu verpacken.

Marlies Neubauer
Wenn ich heute hier in der Kirche von Eibenstein, am Sarg unserer Marlies, stehe, so erinnere ich mich an meinen ersten Besuch im Haus von Helmut und Marlies, das ja fast in Griffnähe von uns, auf der anderen Seite des Tals, liegt. Ich erinnere mich, als mich die beiden vom Bahnhof Hötzelsdorf abholten, mit böhmischer Musik aus dem Kassettenrekorder, hatten sie mir doch die „behmische Sunn“ versprochen. Und war auch das Wetter in Wien nicht besonders, überm Waldviertel, da schien sie, die „behmische Sunn“! Und das nicht nur wettermäßig – hier im Waldviertel hatten sich die beiden ein Refugium geschaffen, über dem auch gefühlsmäßig zumeist die Sonne schien.

Die beiden hatten sich gesucht und gefunden; auch in der Faschingsgilde sah man selten einen ohne den anderen. Nie gab es ein Wort des Streites oder der Zwietracht – ja, ein bissl Granteln, ein bissl Raunzen, das gehört bei einem Ehepaar, das so lang verheiratet war wie Marlies und Helmut, schon dazu – aber die Sonne hörte nicht auf, über den beiden zu scheinen, in guten wie in schlechten Zeiten!

Das hat man gespürt, die Sorge und die Fürsorge für den anderen, Marlies war für Helmut da, und Helmut für Marlies – wenn in den letzten Jahren die Beine von Marlies auch manchmal nicht mehr so recht mitspielten, so war der Arm von Helmut an ihrer Seite, um sie, zwar langsam, aber umso sicherer, nach Hause zu bringen. Das erinnert mich an eine schon lange zurückliegende Geschichte – mein orthopädischer Schwachpunkt war damals meine Schulter -, nach einem Gildenbesuch bei der Schöll-Gabi in Grinzing renkte ich mir daheim, zum keine Ahnung wie vielten Mal, die Schulter aus, und als ich im AKH in meinem Kammerl aufs Röntgen warte, höre ich hinter dem Vorhang neben mir eine bekannte Stimme: jene von Marlies, die auf dem Nachhauseweg schmerzhaft gestürzt war und nun ebenfalls auf ihre Behandlung wartete.

Nein, weder von Stürzen noch von Tiefpunkten sonstiger Art ließ sich Marlies beirren – sie war, im besten Sinn des Wortes, ein Stehaufmandl, das aus jedem Tief noch gestärkter wieder heraus kam. Das hat den Eindruck verstärkt, dass Marlies ja nie ernsthaft krank war – eine Roßnatur, wo zwar der Bewegungsapparat nicht mehr so will, aber sonst: pumperlg’sund – was eigentlich auch nicht verwundern sollte, bei so viel „behmischer Sunn“.

Und dann doch: die Arztbesuche häufen sich, Krankenhausaufenthalte werden mehr – und dazwischen: Marlies war da, kam mit Helmut zu Proben, sogar noch in der ersten Woche unserer Bezirksgerüchte saß sie, obgleich körperlich schon sichtlich geschwächt, an ihrem DöDö-Shop, nicht zuletzt auch, um uns, ihre Gilde, nicht im Stich zu lassen. Dieses Pflicht-, oder besser Verantwortungsbewusstsein, das zeichnete Marlies aus, aber auch Helmut. Als in der zweiten Woche unserer Bezirksgerüchte Marlies, diesmal für länger, ins Spital musste, war Helmut da, tanzte im Ballett, spielte tapfer und souverän seine Rollen, obwohl seine Gedanken sicher mehr im Krankenhaus in Horn waren. „Ich weiß sie gut versorgt“, sagte er dann, und betonte, dass dies alles im Einvernehmen mit seiner Marlies so geschah.

Sie wird uns fehlen, unsere Marlies. Ungewohnt wird es sein, wenn Helmut allein zur Gilde kommen wird, der DöDö-Shop wird ein bisschen leerer sein als sonst. Und doch sind „allein“ und „leer“ nur Äußerlichkeiten – wenn wir dich, liebe Marlies, wie es auch der Spruch auf der Parte ausdrückt, in unseren Herzen behalten, so wirst du nie ganz fort sein.

Drum, liebe Marlies, immer wenn du auf uns herunterschaust, dann schick uns bitte auch ein paar  Sonnenstrahlen mit, und dann wissen wir, das kommt von dir, das ist sicher wieder ein Stückerl von der „behmischen Sunn“.

Leb wohl!